Frau Aksu: Die Kultur- und Kreativwirtschaft soll als Impulsgeberin bei akuten Herausforderungen in ländlichen Räumen eine wichtige Rolle spielen. Welches sind denn diese akuten Herausforderungen?
Jennifer Aksu: Wir sprechen bewusst nicht von DEM ländlichen Raum, sondern von ländlichen RÄUMEN, weil die Herausforderungen genauso mannigfaltig sind wie die Unterschiedlichkeiten der ländlichen Regionen im gesamten Bundesgebiet. Das fängt beim demografischen Wandel an. Das heißt, Bevölkerung wird immer älter in ländlichen Räumen. Viele junge Leute zieht es in wirtschafts- und erwerbsstärkere Regionen. Entsprechend leeren sich teilweise die ländlichen Räume. Das ist beispielsweise in Brandenburg so. Auf der anderen Seite gibt es ländliche Räume, die werden immer voller. Im Wendland etwa. Da ist die Herausforderung nicht die Abwanderung, sondern eher der Mangel an bezahlbarem Wohnraum und die Schwierigkeit, neue Zu- oder Rückzügler unterbringen zu können. Dann gibt es Regionen, deren Identifikation sich vollständig wandelt. In den ehemaligen Kohleabbaugebieten Richtung Lausitz zum Beispiel. Das hat etwas mit einer neuen Lebensrealität in diesen Regionen zu tun, aber auch mit einem notwendigen neuen Selbstverständnis. Oder nehmen Sie die Diskussion über touristische Nutzung von ländlichen Räumen. Das Bild, was wir jetzt noch vielleicht vom Alpenraum oder Schwarzwald als Tourismus-Idyll im Kopf haben, wird sich über kurz oder lang verändern müssen, z.B. aus Naturschutzgründen. Und in all diesen Fällen kann Kultur- und Kreativwirtschaft gestaltend eingreifen und neue Wege aufzeigen.